Mit Beginn der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen tauchte der selbsternannte freie Medien-Aktivist Marc-Andre S. alias „Augsburg Unmaskiert“ auf. Er filmte und streamte live von Demonstrationen und Protesten gegen die Maßnahmen. Während sich der arbeitslose Einzelhandelskaufmann zu Beginn seiner Arbeit als „Streamer“ noch zurückhaltend verhielt, radikalisierte sich Marc-Andre S. im laufe der Zeit immer weiter. Sein mittlerweile gelöschter YouTube Haupt-Kanal zählte zum Höhepunkt Rund 19.000 Abonennten.
Marc-Andre ist gut vernetzt und begleitet exklusiv Personen wie Markus Haintz, Karl Hilz oder Rolf Kron auf Demonstrationen. Außerdem ist er unter den Teilnehmer*innen bekannt, die ihm regelmäßig Geld für seine „tolle“ Arbeit zustecken.
Nachdem sein YouTube Kanal gelöscht wurde, wechselte er auf die Plattformen Dlive und Twitch. Nebenher betreibt er einen Telegram Kanal, auf dem er regelmäßig Q-Anon Verschwörungen teilt und Inhalte von „Die Rechte Duisburg“, AfD, Compact Magazin, Tommy Robinson, Attila Hildmann und dem Neonazi Sven Liebich postet. Zudem gab er dem Neonazi Ignaz Bearth in dessen Livestream ein Interview über seine Arbeit.
Mittlerweile streamt „Augsburg Unmaskiert“ nur noch selten aus Augsburg. Er ist enttäuscht über die Spaltung und Abgeschottetheit der augsburger Szene.
Marc-Andre ist selbst sehr reisefreudig und nahm unter anderem an der Großdemo in Leipzig und mehrmals an den Demonstrationen in Berlin teil.
Bei seinem Live-Stream während seines Besuchs am 21.04.21 in Berlin, äußerte er sich mehrfach antisemistisch. Als er das zweite mal am Holocaust Mahnmal vorbei ging, sagte er beispielsweise: „Schon wieder an diesem scheiss Denkmal vorbei“.
Am 27.02. fanden in Augsburg gleich mehrere Versammlungen unter dem Motto „Grundrechte wahren“ statt. Verschiedene Gruppierungen hatten am Königsplatz, Moritzplatz, Rathausplatz und Ulrichsplatz Versammlungen angezeigt.
Ab 11:00 Uhr gab es „Sport für Augsburg“ am Moritzplatz. Organisiert wurde die Versammlung von der Tigers Arena Augsburg. In den Räumlichkeiten der Tigers Arena hing lange Zeit eine bei Neonazis beliebte Reichskriegsflagge, die erst durch äußeren Druck entfernt wurde. Und der extrem rechte Rapper der Identitären Bewegung Chris Ares drehte dort 2016 ein Musikvideo. Unter den Mitglieder befinden sich einige Neonazis aus der Region. Einer der Kämpfer ist z.B. Nick D., Mitglied der Neonazi Band „Schanddiktat“ aus Wertingen und der Allgäuer Kameradschaft „Voice of Anger“.
Ein neueres Mitglied des Kampfsport Clubs ist offenbar Robin M., Kopf der Augsburger Identitären Bewegung. Die Gruppe der Augsburger Identitären ist seit einiger Zeit in der Versenkung verschwunden. Seither gibt sich M. vermehrt mit Mitgliedern der Neonazi Kameradschaft „Voice of Anger“ ab, wie „Allgäu Rechtsaussen“ (Allgäu-Rechtsaussen: Von Abgrenzung keine Spur) berichtet. Auch die beiden rechten Kampfsportler Nick D. und Robin M. nahmen an der Versammlung am Moritzplatz teil, wie „Allgäu Rechtsaussen“ twitterte. (https://twitter.com/SebastianLipp/status/1366364637923586060)
Um 13:00 Uhr startete die an diesem Tag erste sogenannte „Speaker‘s Corner“ am Königsplatz. Ein neues Konzept von Corona-Leugner*innen und Verschwörungsideolog*innen, Passant*innen mit stundenlangen Monologen zu nerven. Die Themen sind meist die Unterdrückung durch Masken, eine Corona-Diktatur und vergleiche mit der NS-Zeit.
Ab 14:30 Uhr sollte es ursprünglich eine Versammlung auf dem Ulrichsplatz geben, mit anschließendem Demonstrationszug durch die Innenstadt. Doch nachdem die Veranstalter über Wochen hinweg mit einer Versammlung für bis zu 6.000 Menschen geworben haben, wurde diese von der Stadt auf den Plärrer verlegt und begrenzt. Diese Einschränkungen auf Grund des Infenktionsschutzes schmeckte den Anmelder*innen allerdings nicht und die Versammlung wurde kurzfristig abgesagt. In diversen Telegram Chats wurde dennoch dazu aufgerufen sich zu versammeln.
Gegen 14:30 Uhr sammelten sich dann rund 100 Menschen am Ulrichsplatz und zogen in Kleingruppen Richtung Rathausplatz. Die Polizei, die an diesem Tag mit einem größeren Aufgebot in der Stadt war, hatte es Anfangs schwer die Situation zu überblicken und unter Kontrolle zu bringen. Kurz vor dem Rathausplatz stoppte sie dann den verbotenen Aufzug mit einer Kette aus Polizeikräften. Nach längerem hin und her wurde eine Spontanversammlung auf dem Rathausplatz genehmigt.
Unter den rund 100 Teilnehmer*innen waren neben den üblichen Corona-Leugner*innen, Verschwörungsideolog*innen und Reichsbürger*innen, auch Mitglieder*innen des rechtsoffenen Motorrad-Clubs „Wolfmen“. Während der Rede vom Fachanwalt für Bauwesen Markus Haintz auf dem Rathausplatz, forderte eine Teilnehmerin: „Berlin angreifen“. Auch einen „Hitler Gruß“ soll es laut Polizei Bericht gegeben haben.
Unter den Teilnehmer*innen befand sich auch Sebastian K.. K. ist mitte 20 und nahm bereits im Frühjahr und Sommer 2020 an mehreren Kundgebungen von „Grundrechte wahren“ teil. Besonders aktiv war K. allerdings in der Telegram-Gruppe der „Corona-Rebellen Augsburg“. Dort vertritt er die Meinung das friedlicher Protest nicht mehr helfe, außerdem kenne er die sechs Personen die am 29.08. am Reichstag die Polizei-Gitter öffneten, um die Treppe zu stürmen. Auch schreibt er: „… A. H. was realy right“. Mit der Abkürzung A. H. ist demnach wohl Adolf Hitler gemeint. Er stellte auch die Frage warum Spahn das recht zu Leben hätte, der britische Faschistenführer Oswald Mosley aber nicht.
Zu seinen Profilbildern auf Telegram gehörten das Logo der rechtsterroristischen „Atomwaffen Division“ aus den USA. Ein gekreuzter Hammer mit Schwert, was auch von der „Hitler-Jugend“ genutzt wurde. (https://dasversteckspiel.de/die-symbolwelt/nationalsozialismus/hammer-und-schwert-38.html) Oder ein Star-Wars Charakter mit „Laserschwert“ und den Worten „Alerta Judiada“, was so viel wie „Achtung Jüd*innen“ bedeutet. K. besuchte auch die erste „Black Lives Matter„ Kundgebung in Augsburg, filmte und fotografierte dort. Hinterher machte er sich auf Telegram über die Teilnehmer*innen und ihre Trauer lustig.
Der Begleiter von Sebastian K. trug an seinem Rucksack einen Button mit einem „Davidstern“, auch bekannt als sogenannter „Judenstern“, mit der Aufschrift „AfD“. Dies soll wohl Angriffe auf die „AfD“ mit dem verfolgen der Jüd*innen zur NS-Zeit gleichsetzen und kann klar als Holocaustrelativierung verstanden werden.
Telegram Gruppe „Corona-Rebellen Augsburg“
Die Telegram Gruppe der „Corona-Rebellen Augsburg“ ist ein Sammelbecken von Corona-Leugner*innen, Verschwörungsideolog*innen, Reichsbürger*innen, Q-Anon Anhänger*innen und Neonazis. Von beginn an wurden antisemitische, rassistische, verschwörungsidiologische und Reichbürger Inhalte geteilt. Neben einer vielzahl von Weiterleitungen aus anderen Telegram Kanälen wie, Heiko Schrang, Martin Sellner (Kopf der Identitären Bewegung Österreich) oder Q-Anon, gab es auch etliche Beiträge von Nutzern.
Es gab solidaritäts Bekundungen mit der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck. Ein Mitglied stellte den Attentäter von Hanau als Freiheitskämpfer dar. Jemand anderes teilt ein Video von Siegfried Daebritz PEGIDA, auf dem ein Boot mit Geflüchteten zu sehen ist, mit der Unterschrift „Lampedusa – der Import läuft, heute wird mit mindestens 250 Reisenden gerechnet.“
Auch der Augsburger AfD-Stadtrat Andreas Jurca war lange Zeit Mitglied der Gruppe.
Am 21.02. veranstalteten Corona-Leugner*innen, Verschwörungstheoretiker*innen und Impfgegner*innen bereits den 3. Autokorso in Augsburg. Allerdings gab es eine weit geringere Teilnahme als die angemeldeten 800 Personen. Neben den üblichen Texten und Sprüchen, von einer vermeintlichen „Corona-Diktatur“ und „Impfzwang“, gab es auch eine in Deutschland verbotene Aufschrift. Ein Auto hatte ein Banner über dem Heck, auf dem Stand:
„Ohne Impfung keine Freiheit!
Deutschland erwache
Grundgesetz ade!“
Die Aussage „Deutschland erwache“ stammt aus dem „Sturmlied“ von 1920 von Dietrich Eckart und wurde später zur Parole der Strumabteilung(SA), dem Schlägertrupp und der Kampfeinheit der NSDAP.
Heute ist die Aussage „Deutschland erwache“ nach §86a StGB (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) verboten.
Dennoch konnte der/die Teilnehmer*in mit der Aufschrift unbehelligt von Polizei, Veranstalter*innen oder anderen Teilnehmer*innen mitfahren und mehrere Runden durch die Stadt drehen.
Hier eine Zusammenfassung verbotener Symbole in Deutschland in der Augsburger Allgemeinen
Im September haben sich verschiedene verschwörungsideologische Gruppen aus Augsburg unter dem Namen Querdenken 821 zusammgeschlossen. Mit dabei sind Widerstand 2020, Grundrechte wahren, Augsburg unmaskiert und das Bürgerforum Königsbrunn. Am Samstag veranstaltete das Bündnis die erste Kundgebung am Volksfestplatz in Aichach.
Wie immer wurden als Redner*innen Reichsbürger, antisemitische Verschwörungsideologen und selbsternannte „Querdenker“ angekündigt:
Rechtsanwalt Edgar Krein (Anwälte für Aufklärung), Stefanie Ulmer, “Ruf der Trommeln”
Weitere Teilnehmer aus der extremen Rechten
Das Publikum war wie bei Querfrontveranstaltungen üblich sehr heterogen. Neben eher „harmloseren“ besorgten Bürgern, nahmen einige bekannte Gesichter der rechtsextremen Szene teil.
So etwa Guido Fiedler mit einigen seiner Kampfsportlern aus der gegelentlich mit Reichskriegsflaggen geschmückten Tigers Arena. Der rechtsextreme Rapper Chris Ares drehte hier ein Musikvideo und Mitglieder der Neonazikameradschaft Voice of Anger trainieren hier.
Von Voice of Anger war mindestens der Neonazi Nick D. anwesend, Gitarrist der Rechtsrockband Schandiktat.
Fiedler und seine Kampfsportler waren bereits auf einigen Coronademos zu sehen. Im Frühjahr wurde der Versuch einer eigenen Spontandemonstration mit einem Großaufgebot der Polizei unterbunden. Im Mai waren sie gemeinsam mit Voice auf Anger bei der Coronademo in Augsburg.
Auch Mitglieder der rechtsextremen Identitären Bewegung waren in Aichach vertreten.
Auffallend war, dass die anwesenden Identitären, Nick D. von Voice of Anger und Angehörige der Tigers Arena sich offensichtlich sehr gut verstanden und einige längere Gespräche führten.
Vom extrem rechten Flügel der AfD war Paul Traxl mit dabei. Den Veranstaltern war die rechtsextreme Gesellschaft nur recht: „Alle seien hier willkommen“.